Hier möchte ich kurz aus dem Nähkästchen plaudern!
Seit meiner Geburt (1954) hatte ich eine wunderschöne Kindheit ohne Entbehrungen! Es gab jederzeit reichlich und gutes Essen sowie Wärme und Geborgenheit in der Familie. Obwohl mein Vater infolge seiner Kriegszeit sehr streng war, kann ich mich nicht beklagen, seine Liebe vermisst zu haben. Leider musste ich bereits mit 15 Jahren seinen Tod erleben, sodass ich mit meiner Mutter alleine blieb. Plötzlich war alles ganz anders!
Meine Mutter war eine herzensgute Frau, die sich während ihrer Ehe mit meinem Vater voll auf ihn verlassen hatte. Nun musste sie selbst Entscheidungen treffen, was ihr anfangs nicht leicht fiel. Gemeinsam haben wir diese Herausforderungen gemeistert. Obwohl sie beim Tod meines Vaters erst 34 Jahre alt war, hat sie nie wieder geheiratet. Das war für mich ein Zeichen der Treue, auch wenn ich dieses nicht erwarten durfte und auch nie erwartet habe!
1961 wurde ich in meinem Geburtsort Bogeschdorf in der deutschen Schule eingeschult, die bis zur 5. Klasse ging. Ab der fünften Klasse gab es rumänischen Unterricht, mit lediglich 4 Stunden wöchentlich Deutsch-Unterricht. Das Lernen und vor allem Bücher-Lesen machten mir viel Freude.
Seit der 5. Klasse hatte ich ein neues Hobby: Saxophon spielen! Zwei Nachbarn, Fred Wädt und Heinrich Gaber, spielten mit 3 anderen Mitgliedern (Wilhelm Jikeli, Michael Weber und Hans Gaber) in einer Dorf-Band und hatten mich des Öfteren singen hören. Scheinbar waren sie davon so angetan, dass sie meinen Vater kontaktierten, um mir eine musikalische Perspektive zu bieten. Dafür bin ich ihnen ewig dankbar!
Fred, der Bandleader, war notenfest und spielte auch Saxophon, sodass er mir und meinem Vater anbot, mir das Saxophon-Spielen nach Noten beizubringen. Mein Vater fragte mich, ob ich damit einverstanden sei und nachdem ich dies bejahte, kaufte er mir bereits in den nächsten Tagen ein neues Saxophon. Das war für die Zeit (1965) wirklich recht teuer! Ich war so begeistert, dass ich täglich ungezwungen mindestens 2, aber eher 3 Stunden übte.
Natürlich gab es auch Rückschläge! Als ich den tiefen C-Ton am Saxofon nicht sauber spielen konnte, sagte mein Vater: „Kein Problem, mein Junge! Wenn es nicht klappt, verkaufen wir das Saxophon, ein anderer wird sich darüber freuen!“ Das war abends, nachdem er von der Arbeit nachhause gekommen war. Ich legte mich weinend schlafen mit dem festen Vorsatz, alles zu geben, um den verdammten C-Ton doch endlich sauber spielen zu können. Am nächsten Tag übte ich 4 oder mehr Stunden am Stück, bis ich den Ton endlich sauber spielte. Das Glück, das ich dabei empfand, lässt sich kaum beschreiben! Ich hatte es geschafft! Danach gab es keine Rückschläge mehr!
Da ich Einzelkind war, wollte mein Vater mich nach der Grundschule (8. Klasse) nicht auf eine weiterführende Schule einschreiben, um nach Möglichkeit abends zu Hause zu sein. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich noch nicht einmal traurig war! Obwohl ich immer unter den Klassenbesten rangierte, fing ich nach der Grundschule (8. Klasse) mit knapp 15 Jahren als ungelernter Bauarbeiter bei einer staatlichen Baufirma an zu arbeiten. Glücklicherweise war mein Nachbar und Musikkollege, Heinrich Gaber, Polier bei der Firma, der mich unter seine Fittiche nahm. Meinen herzlichsten Dank dafür, lieber Heinrich-Onkel! Selbst auf dem Totenbett (Januar 1970) hat mein Vater Heinrich gebeten, auf mich aufzupassen, welcher Bitte dieser vorbildlich nachgekommen ist. Abermals Dank dafür!
Heinrich Gaber spielt(e) Akkordeon, so dass wir abends oft gemeinsam musizierten. Ich fühlte mich bei seiner Familie wie zu Hause! Jetzt noch, nach über 50 Jahren, fallen mir Lieder ein, die wir gemeinsam gespielt haben. Es war eine Zeit, die ich nie vermissen wollte!
Mit Fred-Onkel brachten wir sehr oft zu zweit Ständchen. Auch das bleibt mir unvergessen in Erinnerung! Ich wurde zügig in die Band integriert, die schon bald Veränderungen hinnehmen musste. Ab 1970 verließen zunehmend Mitglieder die Band Richtung Deutschland, um ein besseres, d.h. freieres Leben zu finden.
Inzwischen hatte ich über die Bogeschdorfer Blasmusik, die jedes Jahr am 1. Mai und am 23. August (Tag der Befreiung Rumäniens vom faschistischen Joch) an den Aufmärschen im Städtchen Sankt-Martin teilnahm, mehrere gute Musiker kennengelernt.
Auch meine Mutter und ich bemühten uns seit Sommer 1970 um eine Ausreise in die BRD. Da dies legal nicht klappen wollte, unternahm ich im Sommer 1972 mit zwei ungarischen Jungen den Versuch, schwarz über die Grenze zu flüchten.